Tödliche Taxifahrt - Wer ermordete Michaela Schellenbach?        

Michaela Schellenbach ist vierfache Mutter. Sie arbeitet aushilfsweise in einem Taxiunternehmen in Andernach, in dem auch ihr Mann als Taxifahrer beschäftigt ist. Eines Abends übernimmt "Ela", wie sie von ihren Freunden genannt wird, spontan den Nachtdienst einer Kollegin.

Samstag, 20. Mai 2000, gegen 3 Uhr morgens. Michaela Schellenbach fährt schon seit mehreren Stunden Taxi. Noch eine letzte Runde will sie durch die Stadt fahren - vielleicht findet sich ja noch ein Gast. Tatsächlich steigt kurze Zeit später ein Mann in ihr Taxi ein - ganz in der Nähe des Andernacher Tanzlokals "Bäckerjungenstube" - im Ort auch unter dem Namen "Palm" bekannt. Michaela Schellenbach meldet per Funk den neuen Gast. Es ist ihr letztes Lebenszeichen.

Gefesselt und erschlagen
Stundenlang bleibt die 35-Jährige danach verschwunden. Etliche Taxifahrer durchkämmen die Straßen - darunter auch ihr Ehemann. Doch die Suche bleibt ohne Erfolg. Die Polizei wird eingeschaltet.

Gegen 6.20 Uhr findet eine Streife schließlich die Leiche von Michaela Schellenbach. Die 35-Jährige ist gefesselt und erschlagen worden. Danach hat ihr Mörder versucht, die Leiche im Rhein zu versenken. Geflüchtet ist der Täter mit Michaela Schellenbachs Taxi. Zwei Stunden später, gegen 8.10 Uhr, wird der Wagen entdeckt. Er steht abgeschlossen auf einem Anwohnerparkplatz in Sinzig - rund acht Kilometer vom Tatort entfernt.

Tatwerkzeuge:
- Springmesser, Aufschrift "Nato Military", 19,5 cm aufgeklappt, 8 cm Klingenlänge, laienhaft nachgeschliffen.
- Klebeband, transparent, leicht reißbar.

Fragen nach Zeugen:
- Wer hat in der Nacht zum 20. Mai 2000 Beobachtungen gemacht, die mit der Tat in Verbindung stehen könnten?
- Wem hat der Täter möglicherweise zwischenzeitlich von seiner Tat erzählt?

Belohnung: Für Hinweise, die zur Aufklärung der Tat führen, wurde eine Belohnung in Höhe von 10.000 D-Mark (ca. 5.000 Euro) ausgesetzt. Zudem weitere 4.000 Euro von privater Seite (befristet bis 31. Dezember 2010).

Zuständig: Kripo Koblenz, Telefon (0261) 10 31

 

 

Kripo Koblenz, 19. Mai 2000: Im Juli 2000 - direkt nach der Tat - war dieser Fall bereits in XY. Leider ohne Erfolg. Nun – nach über acht Jahren – hoffen XY und die Kripo Koblenz noch einmal, dass sich Zeugen an den schrecklichen Mord an der Taxifahrerin und Mutter von vier Kindern erinnern.

WER HAT MICHAELA SCHELLENBACH (35) ERMORDET?

Am 19. Mai 2000 übernimmt sie die Nachtschicht für eine Kollegin, während ihr Mann ihre vier klei-nen Kinder zuhause betreut. Laut Funk steigt ihr letzter Gast etwa um 3.20 Uhr beim Tanzcafé „Bäckerstube“ – auch Palm genannt – zu- Er will nach Namedy. Als sie sich nach dem Ende der Tour auch auf Nachfrage nicht meldet, starten Taxizentrale, Taxifahrer und Polizei eine große Suchaktion.
Um 6.20 Uhr früh am 20. Mai wird Michaela Schellenbach am Rheinufer zwischen Brohl-Lützing und Bad Breisig gefunden – erschlagen und mit Klebeband gefesselt.
Gegen 8.10 Uhr wird auch das Taxi entdeckt, 7 Kilometer vom Tatort entfernt. Es fehlen keine 100 Mark aus der Kasse, der Alarmknopf war nicht gedrückt, die Kamera wurde heraus gerissen, der Autoschlüssel nie gefunden!
Der Täter hatte das Taxi also noch einige Zeit gefahren! Das Klebeband und das dafür benutzte Messer hat er vermutlich verloren. Bis heute weiß niemand, warum die junge Frau sterben und drei Mädchen und ein Junge aus der Nähe von Koblenz ihre Mutter verlieren mussten. Ein Zeuge hat sich nach der Tat gemeldet, der glaubt, das Taxi gesehen zu haben.

Die Belohnung: 10.000 DM = ca. 5000 Euro von der Staatsanwaltschaft und 4000 Euro von privater Seite.

 

 

Polizeipräsidium Koblenz
16.05.2001, 16:27 - Polizeipräsidium Koblenz

Taximord in Andernach liegt ein Jahr zurück

Am 20.05.2001 jährt sich der Mord an der 35-jährigen Taxifahrerin Michaela Schellenbach. Die Frau war in der Nacht zum 20.05.2000, gegen 03:20 Uhr, aus der Innenstadt Andernach mit einem Kunden aufgebrochen und hatte bei der Zentrale über Funk als Ziel Namedy angegeben.
Seitdem gab es kein Lebenszeichen mehr von ihr, bis sie in den frühen Morgenstunden am Rheinufer vor Bad Breisig tot aufgefunden wurde. Der Täter war mit dem Taxi noch bis zu einem öffentlichen Parkplatz am Ortsrand von Sinzig, Grüner Weg - Ecke - Kölner Straße, gefahren und hatte dort den Wagen abgestellt.
Von der Staatsanwaltschaft Koblenz und von privater Seite waren insgesamt 18.000,- DM Belohnung für die Klärung der Tat ausgelobt worden.
Bis heute konnte der Täter nicht ermittelt werden, obwohl eine große Anzahl von Spuren inzwischen überprüft wurde und heute noch Hinweise aus der Bevölkerung erlangt werden. So teilte ein Zeuge vor kurzem mit, dass er einen Mann, den er unter dem Vornamen Jürgen kennt, nach der Tat mit einem Taxi im Bereich der Zufahrt zur Fähre in Bad Breisig gesehen haben will. „Jürgen" wird vom Zeugen sehr genau beschrieben:
- 35 - 37 Jahre alt
- 180 cm groß, schlanke sportliche Figur
- schwarze kurze Haare
- kein Bart, keine Brille
- deutscher, sonnengebräunter Teint
- auffällig tätowierte Arme
- spricht Koblenzer Akzent
- wohnte früher in Bad Breisig, Eifelstr. Trotz der detaillierten Angaben zu diesem Mann konnte „Jürgen" noch nicht festgestellt werden.


Die Kriminalpolizei bittet um Mithilfe bei der Ermittlung dieser Person.
Polizeipräsidium Koblenz
Moselring 10/12
56068 Koblenz
Telefon: 0261/103-1

 

Aus diesem Artikel hier gehen noch einige Details hervor:

Am Samstag, dem 20.05.2000, meldete sich die 35jährige Taxifahrerin Michaela Schellenbach als Aushilfe für diese Nacht gegen 03.20 Uhr bei der Zentrale Taxi Busch, Andernach, über Taxifunk für eine Fahrt vom 'Palm' nach Namedy ab. Der Funkspruch war das letzte Lebenszeichen von Frau Schellenbach, verheiratet, Mutter von 4 Kindern. In der gleichen Nacht ist der Ehemann in einem anderen Taxi für das Taxiunternehmen gefahren. Die Aufnahme des letzten Fahrgastes erfolgte demnach vor dem Tanzlokal Bäckerjungenstube, im Volksmund auch 'Such und Find' oder 'Palm' genannt.
Es handelt sich um ein Tanzlokal mit der Aussicht, Bekanntschaften zu knüpfen.
Das Taxi, Marke Opel, Typ Omega, amtl. Kennzeichen MYK-UC 35, wurde zunächst intern gesucht, ab ca. 03.45 Uhr. Eine Funkstreifenbesatzung der PI Andernach traf um 04.15 Uhr auf einen Taxifahrer, der die Suche nach der Kollegin weitergab. Die Großfahndung der Polizei führte gegen 06.20 Uhr zum Auffinden einer Frauenleiche am Rheinufer zwischen den Ortschaften Brohl und Bad-Breisig. Der Leichnam zeigte blutige Kopfverletzungen, die Frau lag bekleidet, aber an Händen und Füßen gefesselt unmittelbar am Wasser. Die Tote wurde als die Taxifahrererin Schellenbach identifiziert. Kurz nach 08.00 Uhr meldete ein Zeuge in Sinzig auf dem Parkplatz Grüner Weg das gesuchte Taxi von Frau Schellenbach.
Bei der Spurensuche am Leichenfundort konnte ein Automatic-Springmesser,Griffstück oliv-farben mit Aufschrift Nato-Military, 11,5 cm lang mit silberfarbenen Metalleinfassungen, aufgefunden werden. Die Klinge springt auf Knopfdruck heraus, ist 8cm lang, und unfachmännisch geschliffen worden. Das Messer ist vermutlich Tatwerkzeug, die Kopfverletzungen sind jedoch keine Messerverletzungen. Im Taxi wurde eine kleine graue, zigarettenschachtelgroße Videoüberwachungskamera herausgerissen. Bei einer Suche mit Metallsuchgerät konnte der Gegenstand in einem Brennesselfeld in der Nähe des Leichenfundortes aufgefunden werden. Bei der Suche fand sich auch eine Klebebandrolle mit Transparentfolie, keine Firmen/Reklameaufdrucke auf der Rolle vorhanden.
Belohnungen von insgesamt 18.000 DM sind ausgelobt, allein 10.000 DM von der Staatsanwaltschaft Koblenz.
Wer kann Hinweise geben und hat eine Person am 20.05.2000 vor 03.20 Uhr in ein Taxi vor dem Tanzlokal einsteigen gesehen?
Wer kennt das Messer und den letzten Besitzer?
Wem ist die Kleberolle bekannt und weiss von dem letzten Benutzer?
Wer hat am 20.05.2000 vor 08.10 Uhr in Sinzig im Grüner Weg eine Person aus dem Taxi steigen gesehen?
Hinweise an die Kriminaldirektion Koblenz, Soko Taxi, Tel. 0261-1031, anonyes Telefon 0261-1032727, Polizeiinspektion Andernach, Tel. 02632-9210, oder jede andere Polizeidienststelle.
Hinweise können auch auf Wunsch vertraulich behandelt werden.
Fotos vom Messer und Klebeband können per E-Mail übersandt werden.

Polizeipräsidium Koblenz
Moselring 10/12
56068 Koblenz
Telefon: 0261/103-1

 

"XY" bringt 30 Hinweise zum Andernacher Taximord
Fahnder setzen im Fall Michaela Schellenbach auf die Bürger und ein mögliches Geständnis des Täters


Bad Breisig. Fast neun Jahre nach dem Mord an der Andernacher Taxifahrerin Michaela Schellenbach tappt die Polizei, was Täter und Motiv angeht, noch weitgehend im Dunkeln. Ändern sollte das ein ausführlicher Bericht am Mittwochabend in der ZDF-Sendung "Aktenzeichen: XY. . . ungelöst" über die damals 35-Jährige, die in der Nacht zum Samstag, 20. Mai 2000, erschlagen am Rheinufer bei Bad Breisig (Ortsausgang Richtung Brohl-Lützing) aufgefundenwurde.
Ungeklärt bleibt der Mord an der damals 35-Jährigen bis heute.
15 Hinweise seien noch während der Sendung im Studio eingegangen, und ebenso viele bis Donnerstag bei der Koblenzer Kripo, teilte deren Sprecher Helmut Zirfas auf GA-Anfrage mit, "aber nach erster Sichtung noch nichts, was den erhofften Durchbruch bedeutet". Nach Sender-Angaben hat sich jedoch eine Zeugin gemeldet, die Schellenbach noch kurz vor ihrem gewaltsamen Tod im Taxi heftig streitend mit einem Mann gesehen haben will.

Insbesondere setzen die Beamten heute auf Zeugen, die sich damals nicht trauten, verdächtige Beobachtungen zu melden, sowie auch auf eine Wesensänderung des Mörders nach der Tat. "Vielleicht hat er sich mittlerweile einer Vertrauensperson offenbart", sagte Hauptkommissar Wolfgang Schmitz von der Kriminalpolizei Koblenz während der Sendung, in der die letzten Stunden der vierfachen Mutter und Ehefrau in einem knapp zehn minütigen Filmbeitrag nachgespielt wurden.

"Diese Nacht werden drei Mädchen und ein Junge aus der Nähe von Koblenz nie mehr vergessen. Es ist die Nacht, in der sie ihre Mutter verloren", kündigte Moderator Rudi Cerne den Beitrag an und ergänzte auch, dass bis heute niemand wisse, warum die junge Frau sterben musste.

Schellenbach hatte wie ihr Mann in der Mordnacht Taxidienst gehabt und die Taxizentrale zuletzt, um 3.15 Uhr, über eine Fahrt von der Gaststätte Bäckerjungenstube in der Andernacher Hochstraße nach Namedy informiert. Nachdem sie sich bei der Zentrale nicht wieder meldete, starteten 25 Kollegen, darunter auch ihr Mann, nach einer halben Stunde eine Suchaktion und schalteten die Polizei ein. Eine Streife fand die Leiche der Frau gegen 6.20 Uhr. Ihr Taxi wurde kurz nach 8 Uhr am Parkplatz Kölner Straße/Grüner Weg in Sinzig gefunden, nachdem es zuvor auch schon auf dem Parkplatz Harbachstraße gesichtet worden war.

"Bis heute ist völlig unbekannt, wer ins Taxi von Michaela Schellenbach gestiegen ist", sagte Schmitz in einem an den Film anschließenden Gespräch mit dem Moderator. Sicher gestelltes DNA-Material stamme mit hoher Wahrscheinlichkeit vom Täter, hat aber bislang zu keinem Ergebnis geführt. Ein Sexualdelikt schließt die Polizei aus.

Sie vermutet, dass der Täter in räuberischer Absicht gehandelt hat. Allerdings erbeutete er nichts. Schmitz zeigte im TV ein Klebeband wie das, mit dem Schellenbach gefesselt wurde, sowie ein etwa 11,5 Zentimeter langes Springmesser mit olivfarbenem Griff und der Aufschrift "Nato Military" als Vergleichsstück zu dem, das am Tatort gefunden wurde.

Für Hinweise hat die Staatsanwaltschaft 10 000 Euro Belohnung ausgesetzt. Dazu kommen 4 000 Euro von privater Seite zur Lösung "eines entsetzlichen Mordes, der in seiner ganzen Tragik kaum zu überbieten ist", sagte Cerne.

Hinweise an die Polizei unter der Rufnummer (02 61) 10 31.
Artikel vom 16.01.2009

 

Kripo gibt nicht auf

Andernach (zen). Auch genau zehn Jahre nach dem Mord an der Taxifahrerin
Michaela Schellenbach tappt die Polizei, was den Täter angeht, weiter im Dunkeln.
Die damals 35-Jährige war am 20. Mai 2000 während der Nachtschicht überfallen
und anschliessend erschlagen worden. Die Leiche der Frau war am Rhein bei Bad
Breisig gefunden worden. Die Polizei hat zahlreiche Hinweise überprüft, allesamt
ohne Erfolg. Die Ermittler geben dennoch nicht auf.

Auf Anfrage betonte Wolfgang Schmitz, von der Kripo Koblenz, dass die gefundenen
DNA-Spuren des Täters in eine bundesweite Datenbank eingepflegt worden seien. Jetzt
hoffen die Ermittler darauf, dass der Mann dadurch irgendwann überführt werden kann.

Quelle: Wochenspiegel Mayen

 

 

Elas Mörder wurde nie gefasst - Andernacher Taxifahrerin vor zehn Jahren erschlagen

Noch eine letzte Fahrt, dann wollte Taxifahrerin Michaela Schellenbach (35) ihre Nachtschicht beenden. Wenige Minuten später wurde die vierfache Mutter erschlagen. Auch zehn Jahre nach der furchtbaren Tat weiß niemand warum.Das Leben kennt keine Jahrestage. Im Rheintal vor Bad Breisig geht an diesem Morgen des 20. Mai 2010 alles seinen Gang. Auf dem Rhein schnurren im Minutentakt die Frachter vorbei. Auf den Gleisen zischen die Züge nach Koblenz oder Köln. Auf der Bundesstraße 9 tobt der Verkehr. Am Ufer laufen Jogger.

Wenige Meter von ihnen entfernt beginnt ein Pfad ins Niemandsland der Zivilisation. Wo selten ein Mensch hinkommt. Wo der Rhein oft alles überflutet. Wo Treibholz und Autoreifen herumliegen. Leere Wodkaflaschen und rostige Teile eines Zigarettenautomaten. Der Pfad ist steinig, mit Gras überwachsen, fast unsichtbar. Er endet an einem Kreuz aus Baustahl. Dort, wo das Leben von Ela vor zehn Jahren grausam zu Ende ging. Die Widmung: „Ela – Treff: Wolke 7 – 20.05.2000.“

Wer an diesem Morgen am Ufer steht, will schreien vor Wut. Wut auf die Frachter. Wut auf die Züge. Wut auf die Autos und Jogger. Wut auf das Leben. Weil es an diesem Jahrestag einfach weitermacht. Und weil es zulässt, dass Elas Mörder immer noch frei herumläuft.

Mord wird gesühnt. Mörder kommen hinter Gitter. Jeden Sonntagabend erzählt der „Tatort“ diese Geschichte. 20.15 Uhr: Mord, 21.45 Uhr: Mörder gefasst. Das Ermitteln der Kommissare, die Flucht des Täters, die Trauer der Opfer. Alles ist nach 90 Minuten zu Ende. Im Mordfall Ela gibt es dieses Ende nicht. Selbst nach zehn Jahren nicht. Die Koblenzer Mordkommission führt bereits 50 Aktenordner zu dem Fall. Die ZDF-Serie „Aktenzeichen XY“ rief zweimal zur Mithilfe auf. Doch bis heute weiß niemand: Wer hat Ela ermordet? Und warum?

Ein Reihenhaus in Andernach, 19. Mai 2000, 21 Uhr: Michaela Schellenbach (35) – Freunde nennen sie „dat Ela“ – hat gerade spontan die Schicht einer Kollegin übernommen. Sie arbeitet als Fahrerin für „Taxi Busch“, muss schnell zur Zentrale ins Stadtzentrum. Sie stürmt ins Wohnzimmer zu ihren Kindern. Pascal (14) und Stefanie (11) schauen fern, ihre Schwestern (4 und 3) spielen. Ein Cousin passt auf. Michaela Schellenbach umarmt jedes Kind. Sie sagt „Tschüss!“. Oder „Bis Morgen!“ oder „Passt auf euch auf!“.Die Kinder beachten die Worte nicht genau. Sie wissen nicht, dass sie ihre Mutter nie mehr sprechen hören. Nie mehr sehen werden. Für sie ist es ein ganz normaler Abend. Als ihre Mutter die Haustür hinter sich zuzieht, schauen sie weiter fern, toben herum, gehen bald ins Bett.

Es ist Freitagabend. In Andernach ist trotzdem wenig los. Michaela Schellenbach macht 19 Fahrten mit ihrem beigen Opel Omega. Kurz nach drei Uhr will sie Schluss machen – dreht aber eine letzte Runde. Sie will zur Bäckerjungenstube, einer Kneipe in der Innenstadt. Um 3.20 Uhr meldet sie der Telefonistin in der Taxizentrale eine Fahrt in den Stadtteil Namedy. Wer ihr Fahrgast war, ist bis heute nicht bekannt.

Die meisten Mörder werden gefasst. Mord ist das Verbrechen mit der höchsten Aufklärungsquote, so das Landeskriminalamt in Mainz. Von Anfang 2000 bis Ende 2009 gab es laut der Kriminalstatistik 392 Morde und Mordversuche im Land. Davon wurden 368 Fälle aufgeklärt. Das entspricht einer Quote von 94 Prozent. Derzeit sind dem Landeskriminalamt insgesamt 172 ungeklärte Morde und Mordversuche bekannt.

Taxifahrer melden sich nach jeder Fahrt sofort in der Zentrale – das ist ehernes Gesetz. Doch Michaela Schellenbach meldet sich an jenem Abend nicht. Sie reagiert nicht auf Funksprüche, geht nicht ans Handy. Um 3.45 Uhr schlägt die Telefonistin Alarm. Gut 20 Taxifahrer aus der Region starten eine Suchaktion nach dem beigen Opel Omega (Kennzeichen: MYK-UC 35). Unter ihnen ist auch Peter Schellenbach (46), der Ehemann der Vermissten. Bald fahndet auch die Polizei. Ein Hubschrauber kreist über Namedy.

Um 6.20 Uhr finden Polizisten Michaela Schellenbach. Sie liegt am Rheinufer zwischen Brohl-Lützing und Bad Breisig. Sie ist blutüberströmt und völlig entstellt. Sie ist tot. Ein riesiger Blutfleck bedeckt den Boden. Dort steht heute das Kreuz.

Ein Reihenhaus in Andernach, 20. Mai 2000, 7 Uhr: Um diese Zeit hätte Michaela Schellenbach von ihrer Schicht nach Hause kommen sollen. Ihre Kinder schlafen noch. Plötzlich klingelt es Sturm. Die Vierjährige ist die Schnellste, sie macht auf. Vor der Tür steht ihre Tante. Sie ruft alle Kinder in die Küche – und überbringt die Todesnachricht: „Mama kommt nicht mehr. Mama ist im Himmel.“

Die jüngeren Kinder fragen nicht lange nach. Die beiden Älteren denken erst an einen Autounfall. Doch Pascal bohrt nach, bis man ihm sagt, was passiert ist. Stefanie schnappt bei ihrer Tante Gesprächsfetzen auf: Rheinufer, Klebeband, blutiger Stein ... Da weiß auch sie, es war kein Unfall. Bis Pascal und Stefanie alles wissen, vergehen Wochen. Einiges erfahren sie aus der Zeitung.So lief die Schandtat laut der Polizei ab: Der Mörder fesselt Michaela Schellenbach an Händen und Füßen mit Klebeband. Dann schlägt er ihr mehrfach auf den Kopf. Wahrscheinlich mit einem Stein. Nach der Tat zerrt er den Körper der Toten ans Wasser. Wahrscheinlich will er ihn dort versenken – schafft es aber nicht. Er flüchtet im Taxi. Die Geldbörse der Toten nimmt er mit. Später entdeckt ein Mann, der im Radio von dem Mord erfahren hat, das Taxi auf einem Parkplatz in Sinzig.

Vier Kinder verloren über Nacht ihre Mutter

Der Mörder hat ein Leben vernichtet, zerstört hat er viele. Seit zehn Jahren martert die Tat die Hinterbliebenen. Pascal Schellenbach (heute 24) sagt, er denkt jeden Tag an seine Mutter. Manchmal spricht er mit ihr. Manchmal weint er. Stefanie Schellenbach (heute 21) geht mindestens einmal im Monat ans Grab. Sie hat zwei goldene Ringe ihrer Mutter als Erinnerung. Aber sie trägt sie nie. Sie hütet sie zu Hause im Schrank, dort sind sie am sichersten. Peter Schellenbach (heute 56) spricht nicht über den Mord an seiner Frau. Er sagt nur: „Ich habe das alles nie verarbeitet.“

Niemand weiß, wer der Mörder ist. Niemand weiß, warum er gemordet hat. „Das ist die Hölle!“, schimpft Pascal Schellenbach. Auch seine Schwester Stefanie sagt: „Ich muss wissen, wer das war. Und warum er das tat.“ Die Ungewissheit ist unerträglich für die Hinterbliebenen nicht geklärter Morde. Veit Schiemann vom Weißen Ring erklärt wa?rum: „Sie wollen, dass der Täter bestraft wird. Und sie wollen den Hintergrund der Tat erfahren. Wenn sie sich den Ablauf vorstellen können, kann das erlösend sein. Zwar wissen sie dann: Die Tat war schrecklich. Aber sie wissen auch: Sie war wenigstens nicht noch schrecklicher.“

Kann der Mörder noch gefasst werden? Möglich ist das. Wenn doch noch der richtige Hinweis aus der Bevölkerung kommt. Oder wenn der Unbekannte erneut eine Straftat verübt – und die Polizei seine DNA mit der DNA-Spur vom Tatort am Rheinufer vergleicht. Dann kann die Hölle für Familie Schellenbach irgendwann erträglicher werden.

Von Hartmut Wagner

Quelle: Rhein-Zeitung, Regional Teil


 

Bild  Tatwaffe


Tatort- und auch Fundort des Opfers Michaela Schellenbach


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